So... jetzt nochmal vom Computer aus und ohne englische Tastatur...
Also... es gibt natürlich auch kaltgepresstes Chili-Kern-Öl zu kaufen (und zwar zu "verträglichen" Preisen). Ein Beispiel wäre hier:
https://www.alibaba.com/product-det...pm=a2700.7724857.normalList.14.27e35fadIo2KkZ
Ich kann mir aber bei bestem Willen nicht vorstellen, wie das wirtschaftlich gewonnen werden kann, wenn es _nur_ aus Chilisamen gewonnen würde. Warum? Nehmen wir mal an, eine Chili hätte 0,5g getrocknete Samen (Bei Paprika entspricht 1g etwa 120 bis 160 Samen). Gehen wir davon aus, das diese Samen einen Ölgehalt von maximal 25% haben (zum Vergleich: Sonnenblumensamen haben rund 45% Ölgehalt), kommt man zu folgender Rechnung:
für 1g Öl braucht man 4g Chili, also 8 Chilis, bzw. die Samen davon. Für 100g Öl demzufolge 800 Chilis - das alles unter der Voraussetzung, dass da auch wirklich so viele, so große Samen drinnen sind. Bei (das im Beispiel genannte Öl kommt ja aus Asien) Thai Chilis dürfte sich das Verhältnis eher im Bereich 2000 bis 2500 Chilis für 100g Öl bewegen.
Gut, wir reden von "Abfällen". Aber die müssen ja auch gewonnen werden...
Die Frage ist jetzt: wie bzw. wer verarbeitet das? Selbst, wenn man unterstellt, dass da asiatischstämmige Kinder die Samen unter katastrophalen Bedingungen abernten (und das müssen sie, weil die Plazentareste bei Kaltpressung das Öl wie ein Schwamm aufsaugen). Wäre das in der Menge einfach nicht mehr wirtschaftlich darzustellen, meine ich, da Verpackung/Abfüllung usw. auch Geld kosten. Bleibt man bei den 50$/kg (also 5$/100g) muss man davon eine Flasche bezahlen, einen Verschluss für die Flasche, ein Label, und etliche Arbeits- sowie Maschinenstunden. Ich kann's mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Die einzig "nachvollziehbare" Lösung für mich in diesem Kontext ist, man hat irgend ein halbmaschinelles verfahren bei der Abfüllung zB von Gewürzmühlen und oder dem "Bruch" von getrockneten Chilis aus Massenproduktion, bei dem man das ganze in ne Schleuder wirft und die schweren Samen vom Rest "abfiltert". Das bleibt dann zwar vergleichsweise unrein (von evtl. "faulen"/"schimmligen" Samen mal ganz abgesehen), aber ist zumindest kosteneffektiv zu handhaben, da einfach die "Chilireste" mitgepresst werden (was bei industriemaschinen auch nicht so gravierende Probleme bereitet, wie im Haushalt).
Nichts desto trotz ist das ganze im asiatischen ein scheinbar sehr gängiges Produkt (wofür auch immer man das verwendet). Das gleiche gilt auch für Piper Nigrum (das zwar Black Pepper Oil heißt, aber aus weißem Pfeffer gewonnen wird...).
Paprika-Kern-Öl wiederum ist in Portugal und Spanien, sowie im Baltikum ziemlich beliebt. Das gibs auch deutlich öfter (und günstiger) zu kaufen. Die Produktionsweise wird der oben genannten aber trotzdem sehr ähnlich sein.
Zum Thema Geschmack: Paprika-Kernöl hat einen extremen Paprika-Geschmack, der zB dafür sorgt, dass man etwa 3 große Tropfen braucht, um nen kleines Päckchen Frischkäse zu aromatisieren. Bei Chili-Öl ist das ähnlich, wobei hier noch die Schärfe dazu kommt, die (zumindest gefühlt) höher ist, als die der Chili selbst, wenngleich man ja sagt, dass die Kerne keine Schärfe haben (was ja auch nicht stimmt). Meine Theorie zur Schärfe ist, dass das Öl einfach die Capsaicin-Bestandteile, die am Korn haften (da es ja genau von dort kommt, wo die Plazenta sitzt), in idealer Form lösen kann und die ins fertige Öl überträgt.